Ausstellungen

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste, liebe Agnès,

wir feiern heute gemeinsam das künstlerische Oeuvre von Agnès Bucaille-Euler, das seit ihrem Studienbeginn an der Wiesbadener Freien Kunstschule im 2015 bis heute entstanden ist und dessen öffentliche Präsentation zugleich ihr Studium an der wfk besiegelt.

Kunst: Ein Traum wurde wahr. Das ist der Titel dieser Ausstellung.

Wenn ich Ihnen einmal einige Zitate vortrage, verstehen Sie, warum Agnès diesen Titel wählte:

Agnès schreibt im Jahre 2018 über das Studium an der wfk Folgendes:

“BISHERIGE ERFAHRUNGEN AN DER WFK – FRAGMENTE EINES MANIFESTES

Die Auswahl einer Kunstschule fiel nicht sehr schwer. Für mich, die ich Malerei von Grund auf erlernen wollte, nachdem ich mein ganzes Leben (mit langen Unterbrechungen) nur gezeichnet hatte und es kaum wagte, mich der Werkzeuge der Malerei zu bedienen …, kam nur eine Schule in Betracht, die mir eine solche progressive Annäherung an diese künstlerische Materie mit ihren zahlreichen Gebieten (Komposition, Farbenlehre, malerische Techniken, Handwerk, Kunstgeschichte, etc.) ermöglichen würde.
In Frankfurt wäre zwar die Staedel-Schule in Frage gekommen. Mein[en] Platz konnte ich aber in Künstlerklassen, inmitten einer sehr jungen internationalen vorwiegend an der zeitgenössischen Kunst und ihren neuen Medien orientierten Studentenschaft nicht finden… Die Arbeiten der Absolventen der Staedel-Schule konnten mich außerdem absolut nicht überzeugen. Knapp „aus künstlerischen Gründen“ (?!) wurde im Übrigen meine Bewerbung abgelehnt. Die WfK und ihr Konzept erfüllten dafür auf Anhieb trotz der lästigen Entfernung meines Wohnortes meine sämtlichen Ansprüche.

Ansatz und Zielsetzung: Nach zweieinhalb Jahren steht fest: Sie hat meine Erwartungen und Hoffnungen sogar bei weitem übertroffen. Denn ich habe mich im Laufe meiner ersten Lehrzeit dort verändert. Nach der langen beruflichen Phase, der Stringenz und gar Strenge der administrativen Aufgaben, der verrechtlichten Denkprozesse und normierten Annäherungen an Aufgaben, musste ich mich unbedingt verändern, um eine neue Welt betreten zu können, zu dürfen. Die Kunst, ihre Betrachtung wie das Kunstschaffen, hat eigene Gesetze, verlangt geistige Mobilität: das und vieles mehr habe ich – zuweilen im Kampf gegen einseitige Denkstrukturen, gegen die Unsicherheit, kurz gegen die eigenen mentalen und intellektuellen Grenzen – gelernt. Vielmehr habe ich einen Einblick in das bekommen, was die Immensität meines Lernfeldes werden könnte, aber auch welche schier unendlichen Möglichkeiten mir die Kunst mit der Malerei schenken könnte. Mit dieser Erkenntnis habe ich nicht nur einen Lebenstraum verwirklicht, sondern auch meinem Leben untrügliche Erfüllung gesichert.

Kein Workshop, sondern Lehrjahre: Die Lehre an der WfK ist nicht vergleichbar mit dem ephemeren Spaß eines Workshops. Diese falsche Annahme erklärt vielleicht die hohe Abbrecherquote zumindest im Semesterstudium. Zweifel an der eigenen Verwegenheit, Angst vor der Hybris eines zu späten Lebensprojektes kamen mir auch in Momenten, da ich mich durch das Grundlagenstudium „durchbeißen“ musste. Jedoch habe ich im Laufe der Zeit einige gleichgesinnte zielstrebige Studienkolleginnen gefunden (dieser intensive inspirierende Austausch für sich schon eine besondere Freude und Motivation!). Das Studium setzt ja eine ständige Auseinandersetzung mit sich selbst und der Welt voraus, die Bereitschaft sich eben auch Parallelwelten zu öffnen, ohne die eine autonome Kunst nicht entstehen kann. Es setzt die Ausdauer voraus, jeden Punkt, jeden Strich, jede Fläche immer wieder neu zu betrachten und den Ermutigungen des Lehrers zu folgen, Kombinationen (von Strukturen und Farben) zu variieren, neue Gedanken mit der alten Sprache zu formulieren bzw. eine neue Sprache für universelle Begriffe zu erfinden und weiter zu entwickeln. Bezüglich der Malerei übersetzt: schließlich begreifen, dass jedes neue Bild eine Antwort auf das Vorige ist und genau das den persönlichen Quantensprung bewirkt. Ich gehe durch eine regelrechte Lehre, die nicht nur technischer Art ist, sondern unbedingte Kontinuität und anspruchsvolle intellektuelle Anstrengungen erfordert.”

Ihre Begeisterung für das Studium dokumentieren zudem ihre Mails, die ich auszugsweise präsentieren möchte:

“Lieber Herr Becker,

die erste Sitzung hat klar gemacht, wie wenig ich weiß und wieviel Arbeit noch vor mir steht, - aber auch wieviel Freude!

Agnès B-E

 

Guten Morgen!
Hier habe ich nun erneut versucht, alle Ihre Empfehlungen zu beherzigen...
Nach Wochen der Rechteckenzeichnerei bin ich ehrlich gesagt langsam etwas ausser Puste ... Ich müsste sehen, was die anderen gezeichnet haben. Oder? (Und Lektion 1 ist auch noch nicht absoviert!!) LG ABE

 

Karl Valentin sagte: Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit!..Jetzt verstehe ich...
ABE

30.5.2015

Hallo herr Becker, gar nichts bringe ich mit, da ich leider mit einem Platten auf der A66 stehe. Ich hatte mich so gefreut...Euch allen eine gute Stunde! Lg Abe
04.11.2015

Hallo, Herr Becker,

ich weiß, Sie sind heute nicht da, aber ich setze mich nach meinem gestrigen Autobahn-Abenteuer (bis 21:00 auf Pannenhilfe gewartet, dann zu spät für wfk-Freuden!) wieder an die Arbeit.
05.11.2015

Hallo, Herr Becker,
ich habe ein Bild mit Farbsetzung gemalt. Ich kann nicht behaupten, dass es die Welt um ein neues Kunstwerk bereichert hätte, aber Farbe, habe ich immerhin gesetzt... :)

07.12.2015

Ich bin entsetzt, bin bei Spalte 8 meiner Qualitätskontrast-Skalen angelangt und stelle nun fest, dass ich die SPalte Preussischblau vergessen habe!!!
😭
Ich Doofkopf!
15.12.2015

Hallo, Herr Becker,
die Feiertage werden bald zu Ende sein, zum Glück.
Jedoch: zwischen Besuchen und Reisen ein paar "Kunstmomente".
Anbei zwei - ausschließlich eigene ! - Entwürfe, Trauer, Freude...

Herzliche Grüße und die besten Wünsche fürs Neue Jahr verbunden mit meinem Dank für die vergangenen lehrreichen Stunden.
ABE
31.12.2015

Resigniert begehe ich erneut den beschwerlichen Weg der Kompositionsaufgabe 2.
5.1.16

Aber die 3 hatten Sie mir doch schon abgenommen!...
Ich bin, glaube ich, völlig ungeeignet für diese Übung. Habe schon ganze Tage damit zugebracht. Ich muss leider passen...
Entmutigt grüsst
ABE
07.01.2016

Vielen Dank für die Ermutigung, Sie sind wirklich zugewandt! Ich bin zwar ein wenig ungeduldig (habe angesichts meines Alters wenig Zeit, um verlorene Jahrzehnte nachzuholen!), aber das will nicht heißen, dass ich keine Ausdauer und Ehrgeiz habe. Nein, ich will es ganz richtig haben und kein "Wischi-Waschi", wie Wolfgang Becker wohl gesagt hätte. Ich finde gerade die anspruchsvolle Kritik Ihrerseits sehr gut und hilfreich. Ich werde es nochmals machen, bis es stimmt.

Dafür habe ich die Farbenlehre Lektion 3, 1-3 so gut wie fertig....
LG
ABE
07.01.2016

Hallo, Herr Becker,

dazu brauchen Sie einen Teig aus:
200gr Mehl
100gr Wasser
50gr Olivenöl.
lässt sich sehr gut vermischen. 1 Stunde im Kühlschrank ruhen lassen.
Füllung:
250gr Ricotta
Kappern (aber nicht die in Essig sondern die in Salz). Das Salz auswasschen, die Kappern klein hacken, kleine Pastetchen füllen, und zwar so wie auf dem Bild.

LG
ABE
14.01.2016

Danke! Jetzt wird es mit der Lektion 5 richtig spannend!!
Ich hatte den Umgang mit dem Geodreieck langsam über...
Schönes Wochenende, Herr Becker!
Agnès BE
19.03.2016

Na ja, habe ich mir gedacht: 3 Wochen im farbigen Dunkel getappt!...
(ISoll aber kein Engel sein: es ist tatsächlich ein Schatten meiner Selbst ( hihi!). Ich war sicher, dass Sie einen Engel sehen würden. OK, ich geb's zu, ist nicht gut....
Bis nachher.
ABE
23.05.2016

Danke, Herr Becker, ich hoffe, dass ich heute bis Wiesbaden komme. Schwimmend hätte ich sicherlich bessere Chance als mit dem Wagen. Ich mache mich auf.
Bis dann
Agnès BE
13.06.2016

Danke Michael!
Zur Erläuterung bezüglich der nackten Schulter beim Selbstporträt als Malerei: Die Kunst entblöst einen doch, dahinter kann man sich nicht verstecken, und sie nimmt gänzlich Besitz von Dir: "corps et ame"...
Alles Gute weiterhin Agnès
26.10.2016

Übrigens, ich hoffe, ich kann Euch am Donnerstag mit meiner bazillenfreien Präsenz beehren. Momentan schniefe ich noch. Ist aber ganz gut, weil ich zum Arbeiten von niemandem gestört werde. Schick!
LG ABE
8.8.17

Vielen Dank lieber Michael! Ja, ich bin noch bei meiner Mutter , fahre aber heute Abend zurück, leider nicht rechtzeitig zum Unterricht.
Auf Dein neues Buch freue ich mich schon sehr, zumal Reduktion eines meiner Lebensmotti ist 😊! Du sollst wissen, dass die Kunst mir eine Quelle sprudelnder Lebensfreude und geistiger Anregung ist und ich sie dank Deiner Schule nähren kann.
Hab einen schönen Tag und bis irgendwann diese Woche, wahrscheinlich Mittwoch. Herzlichst
Agnès
27.5.19”

Zitate Ende

Wer für die Kunst lebt und sich in ihr authentisch bewegt, den beschenkt sie mit einem Gut, das selbst dem erbarmungslosesten Schicksal zu trotzen vermag - nämlich mit Zeitlosigkeit. Ein Kunstwerk ist geronnener Geist, der bei jeder neuen Betrachtung reaktiviert und seine lebendige Dynamik entfaltet wird. Mit Kunst schafft der Mensch bleibende Werte. Das ist womöglich für die subjektive Existenz des Einzelnen kein wirklicher Trost, vor allem wenn sie bis vor kurzem noch mitten im Leben stand. Dennoch steckt gerade in der Kunst eine hochverdichtete Kraft säkularisierter Spiritualität, die das Individuum ganz individuell und eigenmächtig zu bündeln vermag, um ganz eigene Antworten auf die uns beherrschenden drei existentiellen Grundfragen zu geben: Woher komme ich? Wer bin ich? Wohin gehe ich? Die drei Fragen also, die die Struktur von Religiosität, von Sakralität, von Spiritualität freisetzt. Jeder Mensch wird sich diese drei Fragen im Laufe seines Lebens beantworten müssen, und jedes Kunstwerk, das er schafft, beantwortet alle drei Fragen auf einen Schlag. In der Kunst wird das Unfassbare freigesetzt, die Untiefen der Vergangenheit, die Untiefen der aktuellen menschlichen Existenz, die Untiefen des Zukünftigen: alle drei münden sie in ein Werk auf Dauer gestellter Unmittelbarkeit. Nunmehr losgelöst vom Künstler selbst, eigenständig, wirkmächtig, inspirierend, tröstend, aufrüttelnd.

Ich danke Agnès von ganzem Herzen, dass sie sich auf dieses spannende Wagnis der Kunst eingelassen hat! Möge Dich die Kunst für immer begleiten und sie Dir das schenken, was Dir gut tut.

Herzlichen Dank an alle Helfer, die diese Ausstellung möglich gemacht haben, insbesondere Christel Käßmann, Brigitte Sterz und Delaram Homayouni. Herzlichen Dank auch an das Team des Wünschewagens, ohne das Agnès gar nicht hier sein könnte, danke an Sie alle, dass Sie sich hier eingefunden haben und eine schöne besinnliche Zeit mit uns erleben wollen.

Zu guter Letzt überreiche ich Dir liebe Agnès Dein so sehr ersehntes Abschlusszeugnis der Wiesbadener Freien Kunstschule. Herzlichen Glückwunsch!

Vielen Dank!

7.7.2024

 

 

 

 

Wolfgang Becker